Vereinbarkeit braucht mehr schlechte Vorbilder in Führungspositionen

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Gerade habe ich ein Interview mit einer richtigen Rock’n’Roll-Persönlichkeit geführt: Führungskraft mit fast 100 Leuten unter sich und zweifache Mutter. Eine Powerfrau, die nach eigenen Angaben wohl mal in den Zaubertrank gefallen sein muss – so wie Obelix. Während sie darüber berichtete wie sie damals als alleinerziehende Mama mit Baby unterm Arm coole Vollzeitprojekte wuppte und so langsam aber sicher zur Female Leaderin aufstieg, saß ich mit Säugling an der Brust und Mac-Book am Küchentisch und machte mir Notizen. Sie erzählte mir, dass sie individuelle Vereinbarkeit in ihrem Unternehmen aktiv förderte und mittlerweile für ihre Mitarbeiter*innen vor allem Coach sei. Denn die meisten Mütter scheiterten nicht an mangelnden Qualifikationen oder zu wenig Ehrgeiz. Sondern schlicht und einfach an viel zu hohen Ansprüchen an sich selbst und dem notorischen schlechten Gewissen weder der Familie noch dem Beruf gerecht zu werden. Ihre Mütter wurden lieber nur für 30 Stunden bezahlt, obwohl sie inoffiziell mindestens 40 Stunden oder mehr arbeiteten, als einen Vollzeitvertrag anzunehmen. Denn das würde sie offiziell zu Rabenmüttern machen, meinten sie, deren Priorität nicht bei den Kindern, sondern bei der Karriere lag. Auch ich erzählte ihr von einer Freundin, die, als sie eine Beförderung angeboten bekam, einfach kündigte, weil der Gedanke, noch mehr Kraft in die Vereinbarkeit zu stecken, einfach unerträglich war.

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Wir fragten uns also woran es lag, dass Mütter oft zögerten, wenn man ihnen beruflich Türen öffnete und versuchte sie hindurch zu schubsen. Warum weigerten sie sich hindurch zu gehen? Die Antwort – Zitat einer Mitarbeiterin: „Ich will auf keinen Fall so werden wie die!“ Mit „die“ meinte sie natürlich Frauen wie uns, stellten wir fest. Workaholics mit großem Arbeitswillen und, ja, auch enormem Spaß daran etwas zu bewegen. Menschen, die immer unter Strom standen.

Waren wir schlechte Vorbilder? Abschreckende Beispiele? Wir gestanden uns gemeinsam ein, dass wir – ohne uns auf die Schulter zu klopfen – die Ausnahmen waren, nicht die Regel. Dass es zwar irgendwo okay war, dass wir einen scheinbar unstillbaren Hunger nach To-Dos hatten, aber die meisten Menschen eben anders tickten. Anders, nicht schlechter. War der Schlüssel zu erfolgreich gelebter, familienfreundlicher Unternehmenskultur also gerade nicht das Streben nach Perfektion, sondern Menschlichkeit? War die wahre Stärke moderner Führungskräfte Schwäche zulassen zu können? Ja. Wir brauchen für die Zukunft einfach mehr Chefinnen und Chefs, die Work-Life-Balance vorleben, nicht nur davon reden. Die nachmittags die Kinder vom Kindergarten abholen, anstatt bis nach dem Abendbrot im Büro zu sitzen. Die zugeben, wenn etwas richtig hart für sie ist und die nicht werbewirksam jede Challenge meistern, die ihnen das Leben auferlegt. Es reicht nicht zu sagen: „Ich bin knallhart, aber es ist okay, wenn ihr es nicht seid“. „Ja, ich arbeite rund um die Uhr, aber genießt ihr mal eine entspannte Auszeit mit der Familie.“ Das ist Bla-Bla, selbst dann, wenn es ernst gemeint ist. Stattdessen müssen endlich die Menschen mehr berufliche Chancen bekommen und auch wahrnehmen, die eine gesunde Einstellung zum Leben und Arbeiten haben. So wie die Teilzeitmutter, der es wichtig ist, aktiv am Familienleben teilzunehmen und die sich auch traut, offen dazuzustehen. Das würde doch sofort den Druck für alle – übrigens auch für uns – rausnehmen. Denn so easy wie wir gern immer tun, ist Vereinbarkeit einfach nicht. Und das müssen wir auch endlich mal offen kommunizieren. Deshalb appelliere ich an alle Führungskräfte: Seid menschlicher und weniger perfektionistisch – zeigt Schwäche! Und an alle, die irgendwann im Laufe ihres Berufslebens mal eine Chance bekommen, in eine Führungsposition aufzusteigen: Nehmt das Angebot an und gestaltet die Arbeitswelt nach euren Vorstellungen. Gerade dann, wenn ihr meint, nicht die Richtigen dafür zu sein!

happyworkingmom

Hey, ich bin Jana und Mama von zwei wundervollen Kindern. Als "Happy Working Mom" bin ich immer auf der Suche nach kreativen Möglichkeiten, Familie und Beruf zu vereinbaren. Ich habe außerdem die Marketing Agentur berger.media und den Onlineshop MIJA - Happy Things.

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